Welche Einnahmen unterliegen dem Progressionsvorbehalt ?

Das regelt der § 32b Abs. 1 Nr. 1 EStG. Dieser definiert abschließend alle nach § 3 EStG befreiten Lohnersatzleistungen die dem Progressionsvorbehalt unterliegen. (Progressionsvorbehalt = Steuersatzerhöhung, erläutert im lezten Absatz). Abschließend bedeutet im Steuerrecht hier, dass alle nicht aufgezählten Lohnersatzleistungen in § 32b auch nicht dem Progressionsvorbehalt unterliegen.
Die Anwendung des Progressionsvorbehaltes bei Lohnersatzleistungen ist verfassungsgemäß, dies hat BFH kürzlich nicht mehr in Zweifel gezogen.

Einnahmen die dem Progressionsvorbehalt unterliegen:

  • Altersübergangsgeld,
  • Altersübergangsgeld-Ausgleichsbetrag,
  • Arbeitslosenhilfe und -beihilfe (nach SoldatenVG),
  • Arbeitslosengeld (inkl. Teilarbeitslosengeld),
  • Aufstockungsbeträge gem. § 3 Nr. 28 EStG nach dem ATZG,
  • Eingliederungshilfe nach dem AFG,
  • Elterngeld nach dem BEEG (bestätigt durch BFH 21.9.2009),
  • Entschädigung nach dem Infektionsschutzgesetz,
  • Insolvenzgeld gem. § 188 SGB III,
  • Krankengeld (§ 32b Abs. 1 Nr. 1b EStG; nicht von privaten Kassen),
  • Kurzarbeitergeld,
  • Leistungen gem. § 10 SGB III (Lebensunterhalt),
  • Mutterschaftsgeld (inkl. Zuschuss, Sonderunterstützung etc., vgl. Nr. 1c),
  • Übergangsgeld nach AFG, BVersorgG sowie bei der Renten- und Unfallversicherung,
  • Unterhaltsgeld aus Europäischen Sozialfonds,
  • Verdienstausfallentschädigung (Nr. 1h),
  • Versorgungskrankengeld (BVersorgG),
  • Vorruhestandsleistungen (Nr. 1i),
  • Winterausfallgeld,
  • Zuschläge und Zuschüsse (§ 421j SGB III)
Besonderheit: Rückzahlungen von Lohnersatzleistungen führen zu negativem Progressionsvorbehalt - im Jahr der Rückzahlung!

Achtung - Es gibt weitere Einnahmen - die zwar keine Lohnersatzleistungen sind - jedoch steuersatzerhöhend (Progressionseinkünfte) sind. Das sind z.B. ausländische Einkünfte. Diese sind meist kompliziert(er) im Handling, und werden von uns in einem eigenen Artikel erklärt.

Einnahmen die N I C H T dem Progressionsvorbehalt unterliegen:

Im Umkehrschluss zu der abschließenden Aufzählung im § 32b Abs. 1 Nr. 1 EStG ergibt sich, dass nachfolgende "steuerbefreite" Leistungen ENDGÜLTIG NICHT dem Progressionsvorbehalt unterliegen, da sie in § 32b Abs. 1 Nr. 1 EStG nicht aufgeführt sind:
  • Überbrückungsbeihilfen oder Eingliederungshilfen,
  • Erziehungsgeld,
  • HIV-Hilfeleistungen,
  • Krankengeld einer privaten Krankenversicherung (R 32b Abs. 1 Satz 3 EStR),
  • Zusatzentgelt für »Ein-Euro-Jobs« (DStZ 2005, 89),
  • Existenzgründerzuschuss (Hartz II),
  • Arbeitslosengeld II (Hartz IV; R 32b Abs. 1 Satz 3 EStR 2008),
  • Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung,
  • Wintergeld,
  • Wohngeld,
  • Leistungen der gesetzlichen Krankenkassen für eine Ersatzkraft im Rahmen der Haushaltshilfe an nahe Angehörige (§ 38 Abs. 4 Satz 2 SGB V)
  • Nicht dem Progressionsvorbehalt unterliegen außerdem Renteneinnahmen aus Unfallrenten, Verletztenrenten und Hinterbliebenenrenten; jedoch nur diejenigen Renten die aufgrund Unfalls oder Berufskrankheit von der gesetzlichen Rentenversicherung geleistet werden
  • Schadenersatzrenten soweit Sie nicht für entgehende Einnahmen geleistet werden
Diese vorstehend genannten Lohn- und Ersatzleistungen werden also wirklich vollkommen ohne jede Steuerberührung vereinnahmt (STEUERFREI ohne Progressionsvorbehalt!)

Steuerfreie Auslandseinkünfte unterliegen dem Progressionsvorbehalt:

Ausländische Einkünfte die, nach einem Doppelbesteuerungsabkommen unter die Freistellungsmethode fallen (Neben der Freistellung mit Progressionsvorbehalt gibt es noch die "Anrechnungsmethode"), werden im Ansässigkeitsstaat (D) als steuerfrei behandelt, jedoch bei der Bemessung des Steuersatzes hier im Rahmen des Progressionsvorbehaltes gem. § 32b Abs. 1 Nr. 3 EStG berücksichtigt.

Die Freistellungsmethode mit Anwendung des Progressionsvorbehaltes, greift nach den deutschen DBA`s meist bei folgenden ausländischen Einkünften:

  • aus Gewerbebetrieb (Unternehmensgewinne aus Betriebsstätte, z.T. aber nur, wenn sie aus einer aktiven Tätigkeit stammen - sog. Aktivitätsvorbehalt),
  • aus nichtselbstständiger Tätigkeit,
  • aus selbstständiger Tätigkeit, die in einer festen Einrichtung ausgeübt wird,
  • aus unbeweglichem Vermögen, wenn kein Ausnahmefall vorliegt,
  • aus Schachteldividenden.

Wie funktioniert der Progressionsvorbehalt?

  1. Ganz einfach gesagt (Besonderheiten ignoriert) wird im Ersten Schritt zunächst das zu versteuernde Einkommen (z.v.E.) ohne die Einkünfte die dem Progressionsvorbehalt unterliegen, ermittelt.
  2. Danach wird das z.v.E. um die Einkünfte, die dem Progressionsvorbehalt unterliegen, erhöht und berechnet welcher Durchschnittssteuersatz (%) sich hierbei ergibt.
  3. Dieser etwas erhöhrte Steuersatz in % wird auf das Einkommen ohne die Progressionsvorbehaltseinkünfte angewendet und der sich ergebende €-Steuerbetrag bildet die zu zahlende Einkommensteuer.


Eingestellt am 02.03.2014 von S. Härtl , letzte Änderung: 23.01.2017 von Michael Strohschein

5 Kommentare zum Artikel "Welche Einnahmen unterliegen dem Progressionsvorbehalt ?":

Am 03.03.2016 schrieb S. Härtl folgendes:
Ja, wir haben entschieden die Arbeitslosenhilfe aus der obigen Liste zu entfernen, da diese Leistung einfach nicht mehr existiert. Hartz IV war und ist unter den NICHT dem Progressionsvorbehalt unterliegenden Einnahmen genannt. Als es die ALH noch gab, war diese dem Progressionsvorbehalt unterliegend.
Am 22.10.2016 schrieb (anonym) folgendes:
Nicht in der Liste enthalten ist die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (SGB12). Wieso?

Antwort:

Danke, wir haben diese Leistung in die Liste aufgenommen.

Bearbeitet am 23.01.2017 von S. Härtl

Am 15.02.2017 schrieb (anonym) folgendes:
... und wie sieht es bitte beim Zuschuss des Rentenversicherungsträgers zur Krankenversicherung der Rentner nach § 106 SGB VI aus, unterliegt dieser dem Progressionsvorbehalt nach § 32 b EStG? Zählt dieser einkommensteuerrechtlich zur Rente?

Im Voraus besten Dank und freundliche Grüße
M. Bauer

Antwort:

Hallo Herr/Frau Bauer,

Der Zuschuss zur KV bei der Rente ist nicht mit der Rente steuerpflichtig sondern wird bei der KV (Basisleistung Sonderausgabe) gekürzt.

Der Zuschuss der DRV zur KV unterliegt nicht dem Progressionsvorbehalt.

(kostenlos und unverbindlich)

Beste Grüße
S.H.

Bearbeitet am 15.02.2017 von S. Härtl

Am 12.08.2017 schrieb (anonym) folgendes:
Meine Ehefrau erhält ab 01.01.2015 eine österreichische Alterspension von monatlich 161,21 EUR. Hiervon wurden im Jahr 2015 vom Finanzamt 70 v.H. als Progressionsvorbehalt In die Berechnung des Steuersatzes einbezogen. Im Jahr 2016 wurde die österreichische Alterspension meiner Frau dagegen in voller Höhe, also mit 100 v.H., herangezogen. Was ist hier richtig?

ANTWORT:

Hallo Lieber Blogger, ich gehe davon aus dass die 70% der richtige Ansatz sind. Um eine zuverlässige Aussage machen zu können, sollte der gesamte Sachverhalt und Inhalt sowie Unterlagen bekannt sein(Bescheide FA und Rentenbescheide). Bitte suchen Sie in den "Erläuterungen zur Festsetzung" nach den Gründen für die Abweichung. Renten werden i.d.R. mit dem Ertragsanteil steuerpflichtig im Wohnsitzstaat (Bei Doppelwohnsitz kann das aber schon wieder anders sein). Ich empfehle einen Berater bei Ihnen vor Ort aufzusuchen, um das Thema zu klären (wenn der Bescheid noch änderbar sein sollte)

Viele Grüße
Stefan Härtl
StB

Bearbeitet am 16.08.2017 von S. Härtl

Am 14.10.2017 schrieb (anonym) folgendes:
An S.H.

Der Zuschuss zur KV bei der Rente ist entgegen Ihre Angaben nicht mit der Rente steuerpflichtig sondern wird bei der KV (Basisleistung Sonderausgabe) gekürzt!!

MfG
wilego

Da haben Sie recht, Artikel wird angepasst. Danke.
MfG
Härtl

Bearbeitet am 09.02.2018 von S. Härtl



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