Scheinselbständigkeit

Aktuelle Definition des Begriffs Scheinselbständigkeit:

Scheinselbstständigkeit ist eine vorgetäuschte selbstständige oder gewerbliche Tätigkeit. Probleme entstehen auf beiden Seiten: Auftraggeber und Auftragnehmer. Den weitaus größeren Schaden hat i.d.R. der Auftraggeber, denn dieser hätte es durch die ihm zugeordnete Sorgfaltspflicht verhindern können. Eine klare Qualifizierung vor Auftragsbeginn zum Schutz des Unternehmens/Unternehmers ist möglich und unbedingt ratsam. Selbständige erfahren keine soziale Absicherung, Arbeitnehmer sind dagegen versicherungspflichtig in allen Bereichen der dt. Sozialversicherung.

Fazit - Nutzen Sie in Zweifelsfällen immer das Statusfeststellungsverfahren der DRV Bund.

Alleine die Wirklichkeit ist entscheidend

Es gibt kein allgemeingültiges, rechtssicheres Schema zur Beurteilung mehr. Das Gesamtbild, das "gelebte" ist entscheidend. Vertragliche Regelungen wie Werkverträge oder Dienstverträge sind zwar wesentliches Merkmal, doch nicht das geschriebene entscheidet, sondern alleine die tatsächliche Durchführung.

Nachfolgend haben wir, Steuerberater München Härtl, für Sie unsere Faktensammlung unverbindlich abgebildet und geben Ihnen unsere Handlungsempfehlung in Zweifelsfällen:

Für eine selbstständige/gewerbliche Tätigkeit spricht:

  • Unternehmerische Entscheidungsfreiheit
  • Unternehmerisches Risiko
  • Arbeiten auf eigene Rechnung im eigenen Namen i.d.R. ohne kontrolliert werden zu können
  • Wahrnehmung unternehmerischer Chancen und Risiken
  • Beschäftigung eigenen Personals
  • Betreiben von Eigenwerbung
  • Erfolg und Misserfolg sind möglich
  • Auftreten am Markt
  • Professionalität in der Fakturierung
  • Haftungsrisiken bestehen
  • Unabhängigkeit von Prozessen im Betrieb des Auftraggebers
  • Auftraggeber hat keinerlei Weisungsrecht auf die Art und Weise der Auftragsausführung
  • Freie Zeiteinteilung beim Auftragnehmer
  • Leistungs- und Liefertermine werden vom Auftragnehmer festgelegt
  • Die Nutzung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen
    Freiheit in der Wahl des Ortes der Auftragsausführung
  • (diese Aufzählung ist nicht abschließend und die folgenden Kriterien gelten auch umgekehrt)

Für eine abhängige Beschäftigung spricht:

  • Feste Arbeitszeiten,
  • Tätigkeit nur für Einen Auftraggeber
  • Ausführung der Aufgaben in den Räumen des Auftraggebers
  • Urlaubsansprüche
  • Eine Berichtspflicht
  • Die Verpflichtungen den Weisungen des Auftraggebers folgen zu müssen
  • Nutzung der Arbeitsmittel des Auftraggebers
  • Vorgaben zur Verwendung bestimmter Software o. Arbeitsmittel o. Werkzeuge
  • Direkte Kontrollmöglichkeiten des Auftraggebers
  • Verpflichtende Teilnahme an innerbetrieblichen Maßnahmen des Auftraggebers
  • Auftragnehmer hat keine eigenen Arbeitnehmer (über 450 € mtl. Entgelt)
  • Gleiche Arbeiten werden im Betrieb sonst von Arbeitnehmern ausgeführt (z.B. steuerfachangestellte bei Steuerberatern)
  • Auftragnehmer hat kein unternehmerisches Risiko
  • Auftragnehmer ist nicht für andere weitere Auftraggeber verfügbar
  • Die Rechnungsbeträge entsprechen in etwas dem üblichen Gehalt bzw. den üblichen Arbeitgeberkosten in der Branche
  • (diese Aufzählung ist nicht abschließend und die voranstehenden Kriterien für die Selbständigkeit, finden hier auch umgekehrt Anwendung)

Wie und Wann kann gehandelt werden, welche Sofortmaßnahmen gibt es:

Verbindlich für Arbeitgeber/Auftraggeber und Arbeitnehmer/Auftragnehmer ist nur ein Statusfeststellungsverfahren der Deutschen Rentenversicherung, daran ist auch die DRV-Prüfung gebunden. Die Fragebögen sollen am Besten vor Aufnahme der Tätigkeit "erledigt" werden. Als Auftraggeber haben Sie das Recht eine Statusfeststellung zu verlangen. Auch eine juristische Beratung kann eine Lösung sein. Wir Steuerberater können in diesem Verfahren unverbindlich beraten, bislang (2017) ist verbindliche Beratung in diesem Gebiet dem anwaltlichen Bereich vorbehalten.

Wesentliche Folgen der Scheinselbständigkeit:

Wird nachträglich Scheinselbstständigkeit festgestellt, werden Beiträge zu allen Bereichen der Sozialversicherung u.U. für mehrere Jahre zuzüglich Zuschlägen und Zinsen festgesetzt. Auch die Einleitung eines Strafverfahrens ist nicht auszuschließen. Es lohnt sich also vor Auftragsbeginn in Zweifelsfällen den Auftragnehmer zu einer Feststellung zu verpflichten, denn dann sind beide Seiten sicher in der Zusammenarbeit - ohne Überraschungen.


Eingestellt am 20.07.2017 von S. Härtl


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